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Digital Detox

Aktualisiert: 9. Sept. 2021

Nachdem wir bereits eine mittlere Strecke den Berg hinaufgefahren waren, mussten wir an einer Kreuzung nach links abbiegen. Von der breiten, asphaltierten Strasse mit Leitlinie ging es auf eine einspurige Schotterstrasse mit Ausweichstellen. Eine typische Schweizer Bergstrasse, die für mich Unterländer allerdings etwas ungewohnt war. Es war eine wunderschöne Strecke. Zwischendurch mussten wir auch noch von Hand ein Tor öffnen, das uns den Weg versperrte und dafür sorgte, dass die Kühe nicht ausbüxten. Schliesslich kamen wir auf gut 1500 Meter auf der Alp an mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Sarnersee.


Da die Bestimmungen, ins Ausland zu reisen, 2021 so beschwerlich waren, haben wir beschlossen, unsere Ferien dieses Jahr in der Schweiz zu verbringen. Auf einer schönen Alp im Kanton Obwalden verbrachten wir zwar nur einige Tage, aber diese waren traumhaft erholsam. Handyempfang war zwar noch stellenweise vorhanden und auch das Gasthaus verfügte über WLAN. Ich entschloss mich aber, mein Mobiltelefon im Flugmodus zu lassen. Nur morgens und abends kurz die Mails anschauen, um von den Einflüssen des Internets und den sozialen Medien fernzubleiben.

Zugegeben, ich beschäftige mich oft mit den elektronischen Spielzeugen, weil mich die Technologie fasziniert und es mir Spass macht. Umso wichtiger ist es aber, zwischendurch einmal Abstand zu gewinnen, durchzuatmen, die Natur zu geniessen und gute Gespräche zu führen. Ich möchte Dir hier ein paar Beweggründe und praktische Tipps für Deinen eigenen Digital Detox geben. Denn, wenn Du hierher gefunden hast, spielst Du vermutlich bereits mit dem Gedanken, Deinen Konsum elektronischer Medien etwas zu reduzieren oder hast bei Deinem derzeitigen Verhalten zumindest ein potenzielles Problem erkannt.


Gründe für einen Digital Detox

Es gibt zahlreiche Gründe, die dafürsprechen, immer wieder einmal einen Digital Detox zu machen. Die Auflistung hier erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sie soll als Inspiration dienen.


Technologie verursacht Stress

Obwohl Technologie doch eigentlich dazu dienen sollte, unser Leben einfacher und gemütlicher zu machen, scheint doch eher das Gegenteil der Fall zu sein. Je mehr Technologie uns zur Verfügung steht, desto schneller und hektischer wird das Leben. Wenn Du beispielsweise soziale Medien oder News Apps nutzt, wirst Du mit Benachrichtigungen und Ereignissen nur so überschwemmt. Das kann man kognitiv nicht mehr verarbeiten. Wenn man dann aber den Anspruch hat, am Ball, up to date oder auf dem Laufenden zu bleiben, kann man schnell einmal für längere Zeit am Bildschirm kleben, ohne es zu merken. Das ist von den Medienunternehmen und den Herstellern der Apps genauso beabsichtigt. Man verbringt also viel Zeit damit zu versuchen, auf dem neuesten Stand zu bleiben und hat dadurch weniger Zeit, produktiv zu sein oder die Alltagsaufgaben zu bewältigen. Die übermässige Nutzung solcher Technologien erhöht also das Stresslevel und ein anhaltend hohes Stresslevel ist der Gesundheit nicht zuträglich.


Schlafstörungen durch digitale Geräte

Es gibt Hinweise aus der Forschung, dass die übermässige Nutzung elektronischer Geräte, vor allem kurz vor dem Schlafengehen, die Schlafqualität und die Schlafdauer negativ beeinflussen. Dies ist auf die Strahlung, aber auch auf den Anteil von blauem Licht zurückzuführen, den die Bildschirme ausstrahlen und die Bildung des Schlafhormons Melatonin verhindern. Viele Geräte verfügen jedoch heutzutage über Blaufilter, die man unbedingt nutzen sollte, wenn man sie vor dem Einschlafen benutzt.


Übermässige Nutzung und psychische Gesundheit

Studien aus den USA zeigen eine Korrelation zwischen der vermehrten Nutzung sozialer Medien und der Verschlechterung der psychischen Gesundheit, vor allem bei Jugendlichen. Dabei wurden verschiedene Symptome festgestellt: ADHS, Verhaltensauffälligkeiten, schlechte Selbstregulation – bis hin zu Depression und Vereinsamung.


Work-Life Balance

Wenn man für das Geschäft ständig erreichbar ist, dann fällt es automatisch schwerer, sich von der Arbeit abzugrenzen. Es gibt viele Menschen, die es auch am Wochenende oder sogar in den Ferien nicht lassen können, ihre geschäftlichen E-Mails abzurufen. Dies hat also einen direkten Einfluss auf die Work-Life Balance und führt zu geringerer Zufriedenheit und höherem Stress im Job und steigert das Empfinden der Überarbeitung.


Soziale Vergleiche verhindern Glücksgefühle

Ist man online und insbesondere auf den sozialen Medien unterwegs, kann man schnell in Vergleichen landen. Man vergleicht das eigene Leben mit der Darstellung von Freunden und Berühmtheiten im Netz. Diese zum Teil hochpolierten Profile haben meistens nicht sehr viel mit der Realität zu tun. Wenn man diese Darstellung aber für bare Münze nimmt, dann glaubt man, alle anderen führen ein prunkvolles Leben, das einem selbst aber verwehrt bleibt. Es ist also wichtig, den Fokus bei sich selbst zu behalten. Denn man lebt immer nur sein eigenes Leben. Vergleiche können einem den Spass verderben und im Extremfall sogar psychisch krank machen.


Die Angst, etwas zu verpassen

Auf Englisch nennt man die Angst, etwas zu verpassen auch «FOMO» (fear of missing out). Es ist, wie bereits erwähnt, unmöglich, alles im Blick zu haben, was online abgeht. Wenn man ständig online ist, wird diese Angst noch genährt. Denn, sobald man das Gerät aus der Hand legt, kommt schnell das Gefühl auf, etwas Wichtiges zu verpassen. Diese Angst kann uns vereinnahmen und lässt das wirkliche Leben an uns vorbeiziehen.

Sei achtsam

Problematisch sind vor allem unsere Smartphones, weil wir die immer und überall dabeihaben und darauf zugreifen können. Sie sorgen dadurch aber auch dafür, dass wir weniger produktiv sind und uns von unserem wahren Leben abkoppeln.

Ein Digital Detox könnte sinnvoll sein, wenn Du

  • Dich gestresst oder verängstigt fühlst, wenn Du Dein Mobiltelefon nicht bei Dir hast.

  • alle paar Minuten wieder auf Dein Mobiltelefon schauen musst.

  • Dich traurig oder wütend fühlst, nachdem Du in den sozialen Medien unterwegs warst.

  • Dir die Anzahl «Likes» auf Deine Posts extrem wichtig ist.

  • Du Angst hast, etwas zu verpassen, wenn Du nicht ständig online bist.

  • Du sehr lange aufbleibst oder sehr früh aufstehst, um online zu sein.

  • Du Dich nicht eine gewisse Zeit auf etwas konzentrieren kannst, ohne auf Dein Mobiltelefon zu schauen.

Tipps für ein erfolgreiches Digital Detox

Ich möchte Dir gleich zu Beginn nahelegen, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Du musst nicht gleich einen einwöchigen Retreat machen und Dich von der Aussenwelt komplett abschirmen. Wichtig ist, dass Du so beginnst, dass Du Erfolgserlebnisse hast, die Dich motivieren, weiterzumachen und dranzubleiben. Und es ist ja auch immer die Frage, wie man denn ein Gerät nutzt, wenn man es dann eben nutzt. Ist die Nutzung hilfreich und unterstützend oder eher schädlich?


Hilfe holen

Es ist keine Schande, sich Hilfe zu holen, wenn man Mühe hat, dranzubleiben. Im Gegenteil, es ist ein Zeichen der Stärke, sich dies einzugestehen und den Mut zu haben, sich Hilfe zu holen. Das ist im kleineren Rahmen bis hin zum Kurs- und Seminarrahmen möglich – von locker bis streng. Nein, diese Angebote sind in der Regel nicht gratis. Wenn man aber bedenkt, wie viel Zeit und Geld wir in unsere elektronischen Spielzeuge stecken, dann wäre zur Abwechslung ein Investment in Dich selbst gar nicht so verkehrt.


Ziehe klare Grenzen

Wenn man die nötige Disziplin und den nötigen Willen hat, kann man natürlich auch ohne Hilfe von aussen sein Leben zum Besseren verändern. Grenzen zu setzen ist in vielen Lebensbereichen wichtig und kann Dich beim Digital Detox unterstützen. Dies ist eine softe Methode, um Deine Online-Zeit zumindest zu reduzieren. So wie es viele Eltern bei Ihren Kindern machen, wenn sie zu lange an elektronischen Geräten kleben. Du könntest festlegen, dass Du bei bestimmten Gelegenheiten auf Deine elektronischen Geräte verzichtest, zum Beispiel

  • Wenn Du am Essen bist, besonders wenn Du mit anderen Menschen zusammen isst.

  • Wenn Du am morgen erwachst, für die ersten 30–60 Minuten.

  • Wenn Du Dein Hobby betreibst.

  • Wenn Du mit Freunden oder Deiner Familie unterwegs bist.

Anstatt das Telefon dabeizuhaben und nicht zu nutzen, wäre es sogar noch besser, das Telefon gar nicht erst mitzunehmen. Wenn Du mit Freunden essen gehst, dann lass das Telefon doch einfach mal zu Hause oder zumindest im Auto. Es gibt Studien, die zeigen, dass allein das Vorhandensein eines Mobiltelefons der Empathie abträglich ist, selbst wenn man das Gerät nicht aktiv nutzt.


Lerne wieder, dich ohne Bildschirm zu unterhalten

Wenn man lange Zeit am Bildschirm ist, kann es schwerfallen, sich ohne diese Geräte zu unterhalten. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten: Zum Beispiel kannst Du mit Deinen Freunden und Deiner Familie Brett- oder Kartenspiele spielen, ein Buch lesen, Sport treiben, in die Natur gehen oder sonst einem Hobby nachgehen. Ich empfehle auch immer wieder, mit der Meditation zu beginnen. Meditation ist eine in vielerlei Hinsicht hilfreiche Praxis, die es lohnt, sich anzugewöhnen.


Ablenkungen reduzieren

Unsere Mobiltelefone klingeln, blinken und vibrieren ständig und wetteifern um unsere Aufmerksamkeit. Gerade die sogenannten Push-Benachrichtigungen können leicht ablenken. Wenn Du diese ganz oder zu einem grossen Teil ausschaltest, dann hast Du automatisch weniger Ablenkung. Anstatt jedes Mal jede App anzuschauen, die eine Benachrichtigung schickt, kannst Du auch einfach fixe Zeiten einplanen. Zum Beispiel könntest Du Deine Apps nach dem Essen anschauen und dann Deine Antworten auf empfangene Nachrichten schicken.


Passe den Digital Detox Deinen Bedürfnissen an

Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie man einen Digital Detox machen kann. Wichtig ist, dass es für Dich stimmt. Vielleicht möchtest Du für einen Tag oder ein paar Tage auf alle elektronischen Geräte verzichten? Oder Du verzichtest einfach mal auf ein bestimmtes Gerät. Du könntest auch einen bestimmten Tag in der Woche auf Dein Smartphone verzichten. Es kann auch sein, dass eine spezifische App Dir besonders viel Zeit wegfrisst. Dann kannst Du Dich darauf konzentrieren, die Nutzung dieser App zu reduzieren. Dies ist vor allem bei den Apps der sozialen Medien sinnvoll, denn diese können uns schnell vereinnahmen. Was früher das stundenlange Zappen im Fernsehen war ist heute das Scrollen durch den Newsfeed auf Facebook, Twitter oder Instagram.

Auf digitale Geräte zu verzichten, fällt den einen leichter, den anderen schwerer. Es ist sehr individuell. Es kann sein, dass es für Dich unangenehm ist, dass Du verärgert, verängstigt oder gelangweilt bist, wenn Du auf Dein Mobiltelefon oder andere elektronische Spielzeuge verzichten musst. Dann ist es umso wichtiger, mit kleinen Schritten zu beginnen und kleine Erfolge zu feiern. Das stärkt Deine Motivation, Dich weiter zu steigern.


Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deinem Digital Detox.

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