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AutorenbildPhilipp Kessler

Die Flucht

Aktualisiert: 17. Dez. 2020

Weit weg von mir selbst

Als ich noch in der Finanzindustrie arbeitete, war der Alltag oft hektisch und ich stand unter grossem Druck. Die Aufgaben waren sehr spannend. Und die Beträge, die man buchen musste, waren zum Teil schwindelerregend hoch. Fehler in der Abwicklung von Transaktionen konnten schnell sehr teuer werden. Und so stand man immer unter hohem Druck, fehlerfrei zu arbeiten.

Die Flucht

Abends war ich jeweils fix und fertig. Entweder schaute ich mir irgendwelche Serien im Fernsehen an oder ich spielte Computerspiele. Da konnte ich als abenteuerlicher Pilot durch den Weltraum reisen und alles um mich herum vergessen. Hier hatte ich die Kontrolle, hier konnte ich selbst bestimmen, was ich wann tat und wovon ich die Finger liess. Niemand hatte über mich zu bestimmen. Hier hatte ich das, was ich in der Welt da draussen nicht finden konnte. Es fühlte sich tatsächlich an wie eine Flucht vor der Realität. Wenn ich das aus heutiger Sicht betrachte, war es sogar noch mehr als das. Es war die Flucht vor mir selbst.


Die Entdeckung der Achtsamkeit

Als ich endlich den Mut aufbrachte, mich von dem Job auf der Bank zu trennen, lernte ich zum ersten Mal etwas über Meditation und Achtsamkeit. Ich machte einen MBSR-Kurs («mindfulness-based stress reduction») und stellte fest, wie weit ich mich von mir selbst entfernt hatte. Am Ende des Kurses gab es dann den Achtsamkeitstag. Ein ganzer Tag mit verschiedenen Meditationen, Übungen in der Gruppe und keinerlei Ablenkungen. Kein Handy, kein Computer, kein Fernseher, keine Zeitung, nichts. Ich war gezwungen, mich den ganzen Tag mit mir selber zu beschäftigen. Es wurde uns im Voraus angekündigt, was auf uns zukommen würde und ich hatte echt Angst vor diesem Tag. Ich wusste, dass es einiges gibt, was ich mit mir anschauen musste und am liebsten hätte ich mich davor gedrückt.


Mut zur Selbstentdeckung

Kennst Du das? Wirst Du gelangweilt, unruhig, nervös oder gereizt, wenn Du Dich nicht mit irgendwas ablenken kannst? Wenn Du nicht irgendetwas tun kannst, was Dich davon abhält, in Dich zu gehen und Dich mit Dir selbst zu beschäftigen? Zum einen kann es sein, dass man Angst hat, etwas zu verpassen. Zum anderen denkt man, man sei unnütz, wenn man sich eine Pause gönnt. Diese Gefühle und Gedanken zu überwinden ist nicht einfach. Versuche nicht, sie zu unterdrücken, sondern versuche Dir anzuhören, was sie Dir sagen wollen. Die Gedanken wollen uns vor etwas beschützen. Zum Beispiel davor, dass uns jemand als faul bezeichnen könnte, weil wir uns eine Pause gönnen. Nimm das an, was für Dich zutrifft und lasse die Gefühle und Gedanken dann liebevoll los. Versuche herauszufinden, welche Bedürfnisse Du Dir mit diesen Ablenkungen erfüllst und wie Du Dir diese Bedürfnisse auch selbst erfüllen könntest.


Einfach nur weg von hier

Weg von hier

Sich mit sich selbst und seinem Inneren zu beschäftigen ist eine wahre Entdeckungsreise zu verborgenen Bedürfnissen und Kraftquellen. Auch wenn es am Anfang Überwindung braucht und man auch nicht darum herumkommt, unangenehme Sachen anzuschauen, lohnt es sich sehr. Denn so können wir herausfinden, wo wir eigentlich hinwollen. Durch die Flucht wird uns vielleicht bewusst, was uns zu viel wird, wovon wir Abstand brauchen oder was wir gar nicht mehr möchten. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Der nächste Schritt ist dann, herauszufinden, was man denn stattdessen will. Stell Dir vor, Du kommst am Flughafen an. Dein Flugzeug ist vor kurzem gelandet und Du schnappst Dir Deinen Koffer vom Gepäckband. Dann marschierst Du zum Taxiparkplatz und steigst in ein Taxi ein. Der Fahrer möchte natürlich wissen, wo er hinfahren soll, und Du antwortest: «Einfach nur weg von hier!» Die Wahrscheinlichkeit, dass Du an einem Dir passenden und sinnvollen Ort abgesetzt wirst, ist doch sehr bescheiden, sofern der Taxifahrer mit diesen Angaben überhaupt losfährt.


Sich bewusst werden

Es ist gut möglich, dass eine bestimmte Handlung nicht ausschliesslich ein Fluchtmechanismus ist. Wie beim Gift ist es die Dosis, die es ausmacht. Bei mir war das Gamen nicht nur ein solcher Fluchtmechanismus, sondern auch schlicht ein Hobby, das mir Spass macht. Denn hier kann ich auch kreativ sein, Taktiken und Strategien ausprobieren, mich messen oder auch mal herzhaft lachen. In dieser Qualität ist das Gamen nach wie vor ein Teil von mir, aber nicht mehr als Flucht vor mir selbst. Ich bin gelassen, weil ich nicht mehr auf der Flucht, sondern zielgerichtet zu meiner Bestimmung unterwegs bin.

Sich selbst beobachten

Versuche Deine Handlungen und speziell Deine Hobbies bewusst zu beobachten. Was für Energien kannst Du einerseits daraus gewinnen? Und was für Dinge kannst Du dadurch andererseits vermeiden? Mache Dir Notizen und teile es wieder in diese zwei Kategorien ein. Zum einen was die Handlung oder das Hobby selbst Dir Positives bringt. Und zum anderen wovor Du Dich vielleicht damit drücken kannst.


Im Coaching können wir Deine Bedürfnisse und Handlungen anschauen und durchleuchten. Bist Du auf der Flucht? Du kannst herausfinden, wozu Dir Deine Handlungen jetzt dienen und wie du sie in etwas für Dich Kraftvolles umwandeln kannst. Nimm Kontakt mit mir auf, und lass uns Dein Thema gemeinsam anschauen.


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