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Wie Du vom Perfektionismus wegkommst

Aktualisiert: 21. Mai 2021

Ich hatte mir wieder einmal vorgenommen, aus Spass etwas zu programmieren. Es sollte eine hübsche Benutzeroberfläche werden. Dazu verwendete ich eine Technologie, mit der ich selbst noch nicht so richtig vertraut war. Ich hatte aber eine klare Vorstellung, wie das Endprodukt aussehen sollte. Die Farben, die interaktiven Elemente, die Effekte und so weiter. Einige Effekte kriegte ich allerdings nicht so hin, wie ich es mir gewünscht hatte. Insbesondere der sogenannte «Mouse Over Effekt» bei den Schaltflächen gelang mir nicht. Ich probierte verschiedene Varianten aus, aber immer wieder hat irgendetwas nicht richtig funktioniert. Ich verbrachte so viel Zeit mit diesem Detail und investierte eine Menge Energie, nur um am Schluss eine vorgefertigte Standard-Schaltfläche zu verwenden, weil ich meine eigene nicht wie gewünscht hinbekommen habe. Das hätte ich schon eher machen können, doch mein Stolz, es perfekt machen zu wollen, hat mich immer weitergetrieben. Es spricht absolut nichts dagegen, dass ich mein Bestes und mir wirklich Mühe gebe. Aber man kann es mit dem Perfektionismus eben auch ganz schön übertreiben. Dann kostet es nur viel Zeit und Energie – und man kommt nicht ans Ziel.

Was ist Perfektionismus?

Perfekt ist etwas erst dann, wenn es nichts mehr zu verbessern gibt. Allein daran erkennst Du schon, dass es Perfektion als solches nicht gibt. Denn Du kannst an einer bestimmten Situation oder Sache immer etwas verbessern. Du kannst immer noch weiter ins Detail gehen und wirst immer wieder etwas finden, das Du verbessern kannst. Somit ist Perfektionismus das Streben nach einem unerreichbaren Ziel. Es ist eine Art Selbstfolter, ein Fass ohne Boden, in das Du immer noch mehr Zeit und Energie stecken kannst, ohne damit einen nennenswerten Unterschied zu machen. Das könnte man vergleichen mit jemandem, der depressiv ist, und sich endlos mit einem Problem beschäftigt, von dem er im Vornherein mit Sicherheit weiss, es weder beeinflussen noch lösen zu können. Wenn Du Dich jetzt fragst, ob Perfektionismus in Deinem Leben eine Rolle spielt, dann mache Dir bewusst, ob die folgenden Eigenschaften auf Dich zutreffen:

  • Du willst und musst immer die Erwartungen übertreffen

  • Du hast grosse Angst vor Fehlern

  • Du musst Deine Arbeit immer wieder überarbeiten und korrigieren

  • Du fängst Projekte gar nicht erst an, weil Du weisst, dass Du Deinen eigenen Standards nicht gerecht werden wirst

Es ist völlig legitim und erstrebenswert, wenn Du Dein Bestes geben möchtest. Doch Dein Bestes wird dabei immer auch von Deiner Tagesform sowie auch der Tätigkeit abhängen, die Du gerade ausführst. Dein Bestes wird also immer unterschiedlich sein. Wenn Dir das keinen negativen Stress verursacht, ist alles im grünen Bereich. Perfektionismus aber bedeutet eben genau, nicht damit im Reinen zu sein, dass unser Bestes an verschiedenen Tagen, in verschiedenen Situationen und bei verschiedenen Arbeiten unterschiedlich ist.


Woher kommt Perfektionismus?

Wenn Du ein Perfektionist bist, dann hast Du Dir dieses Muster mit grosser Wahrscheinlichkeit aufgrund einer Prägung in der Kindheit angeeignet. Wir sind immer damit beschäftigt, unsere Bedürfnisse nach Liebe, Lob, Anerkennung und Zugehörigkeit zu befriedigen, ganz besonders in der Kindheit. Das sind essenzielle Bedürfnisse, und als Kind probieren wir alle möglichen Strategien aus, um an unser Ziel zu gelangen. Vielleicht hast Du in Deiner Kindheit gelernt, dass Du diese Bedürfnisse umso besser erfüllen kannst, indem Du alles eben möglichst perfekt machst und möglichst perfekt bist. Daraus entstehen Glaubenssätze wie:

  • Ich muss perfekt sein

  • Ich darf mir keine Fehler erlauben

  • Ich bin nicht (gut) genug

Der Glaubenssatz «Ich bin nicht genug» ist wohl einer der am meisten verbreiteten überhaupt. Somit ist das Streben nach Perfektion eine Schutzstrategie, die Dir als Kind geholfen hat, Kritik, Bestrafung und Liebesentzug zu vermeiden. Als Erwachsener wirst Du irgendwann zur Einsicht kommen, dass wahre Liebe, echte Anerkennung und wirkliche Wertschätzung ihren Ursprung immer in Dir selbst haben. Dann wirst Du auch erkennen,