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Kohärenz in einer kranken Welt

Aktualisiert: 20. Dez. 2021

Es dauerte nicht lange, da bekam ich eine Antwort auf die SMS, die ich geschickt hatte. Er denke, dass wir inzwischen in komplett verschiedenen Welten leben. Seine Trauer um Freunde, Kollegen und Bekannte, die an Covid-19 gestorben sind, sitze tief und er habe keine Kraft, sich mit meiner Sicht auf die Dinge zu beschäftigen. So endete eine langjährige, tiefgehende Freundschaft. Ich verstehe seine Wahrnehmung der Welt, verleihe meinem Respekt gegenüber seiner Entscheidung Ausdruck und wünsche ihm und seiner Familie alles Gute auf dem weiteren Lebensweg.


Die Mutter aller Spaltungen

Die Spaltung, die durch die Coronakrise entstanden ist, ist von unvergleichbarer Härte und Vehemenz. Sie geht durch Familien, Freundschaften, Beziehungen und Partnerschaften. Ich habe meine Gründe, weshalb ich die Krise sehr kritisch und als inszeniert betrachte. Es ist meine Wahrnehmung. Genauso haben Menschen, die Angst vor dem Virus haben und Masken tragen, ihre Gründe dafür. Beide Sichtweisen entsprechen mit Sicherheit nicht der absoluten Wahrheit. Denn wie wir wissen, gibt es diese nicht. Beide haben ihre Beweggründe, Argumente, Überzeugungen, Ängste, Emotionen und Seelenschmerzen. Ich werde hier respektvoll meine Sichtweise erläutern, die meiner Meinung nach im öffentlichen Diskurs zu kurz kommt.

Spaltung

Unsere Erfahrungen, Erwartungen und Eindrücke, die wir im Leben machen und haben, festigen unsere Wahrnehmung der Welt. Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind, wir sehen sie so, wie wir sind. Dieses Zitat der amerikanischen Schriftstellerin Anaïs Nin aus dem 20. Jahrhundert ist von zeitloser Wahrheit.


Die Wahrnehmung bildet sich nicht zuletzt auch aus den Medien, die wir konsumieren und aus den Gesprächen mit Menschen, deren Argumenten und Meinungen. In beiden Fällen stellt sich für mich die Frage der Interessenkonflikte: Bei den Leitmedien, die den Takt vorgeben, sind diese Konflikte inzwischen offensichtlich und man kann die Objektivität und Ehrlichkeit der Berichterstattung stark in Zweifel ziehen. Wenn man beispielsweise an Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen teilnimmt, trifft man besorgte Menschen aus allen möglichen Ebenen der Gesellschaft. Von Geschäftsleuten, besorgten Eltern, Lehrern, Bauarbeitern bis hin zu Punks trifft man eine bunt durchmischte Menschenmenge an. Die Medienberichte zeichnen dann jedoch ein ganz anderes Bild, und es wird von rechtsradikalen Gewalttätern gesprochen. Da darf man sich durchaus fragen, welche Interessen hinter dieser Diffamierung stecken. In den direkten Gesprächen mit einzelnen Menschen stellt sich diese Frage genauso. Handelt es sich beispielsweise um pensionierte, ehemalige Fachleute, die ohne finanzielle Repressalien befürchten zu müssen, offen ihre Meinung kundtun können, ja höchstens noch ihren guten Ruf aufs Spiel setzen? Oder sind es Menschen, die in lohnabhängigen Positionen sind, wo mit Geld oder der Kündigung Druck ausgeübt werden kann? Es ist wie bei der Folter, wenn der Druck gross genug ist, werden die meisten Menschen jedes Eingeständnis machen, das sie vor der Folter bewahrt.


Die Welt wird nie mehr so sein wie früher, dessen zumindest sind sich beide Seiten der Corona-Spaltung einig. Was die Zukunft betrifft, so haben wir zwei mögliche Zukunftsszenarien:

  • Die dystopische Überwachungsgesellschaft, ohne Besitz, in totaler Abhängigkeit vom System und in einem ständigen Zustand der Angst

  • Die utopische Freiheitsgesellschaft, voller Lebensfreude und Selbstbestimmung

Die heilige Kohärenz

Es dürfte klar sein, dass ich Letztere bevorzuge und dies auch der Wunsch aller Menschen ist. Eine grosse Herausforderung, die ich bei der Überwindung der Spaltung sehe, ist das Ertragen der Phase der Inkohärenz, um zu neuen Einsichten zu kommen. Kohärenz ist das Kernstück des Salutogenese-Modells und beschreibt einen Zustand, in dem sich die äusseren Ereignisse sauber ins eigene kognitive Schema und auch den gesamten emotionalen, seelischen und körperlichen Seinszustand einordnen lassen. Das heisst konkret:

  • Die Ereignisse der inneren und äusseren Umwelt müssen strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sein

  • Die Ressourcen müssen verfügbar sein, um den Anforderungen durch diese Ereignisse gerecht werden zu können

  • Die Anforderungen werden als Herausforderungen gesehen, die es wert sind, sich dafür einzusetzen

Kohärenz

Es geht also um Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit und Sinnhaftigkeit. Fehlt etwas davon, kommt unser Hirn in einen inkohärenten Zustand, der für uns enorm schmerzhaft und ans